Ereignis

B 338

Hildegard K. war als Sängerin beim DDR-Rundfunk angestellt. Der religiösen Mutter von vier Kindern drohte wegen Kritik an der Liedpropaganda die Kündigung. Sie beschloss deshalb, im Sommer 1961 zu fliehen. Sie brachte einen Teil ihrer persönlichen Habe nach West-Berlin. Am 12. August schickte sie drei ihrer Kinder zu Freunden in den Westen. Als sie am nächsten Morgen von der Grenzschließung erfuhr, suchte sie mit ihrem ältesten Sohn Klaus-Peter nach einem Fluchtweg. Hildegard K. wusste, dass die Versöhnungskirche unmittelbar an der Grenze stand. Nachdem sie mehrfach vergeblich versucht hatten, durch die weiträumige Absperrung zur Kirche zu gelangen, warteten sie in einem Haus an der Strelitzer Straße die Dunkelheit ab. Durch Hinterhöfe tasteten sie sich bis zum Elisabethfriedhof durch. In der Deckung der Gräber schlichen sie bis zur Versöhnungskirche, deren Tor nach West-Berlin noch offen war und das sie unbemerkt passierten.