Station

Grenzhaus Bernauer Straße 10a

Überreste des Grenzhauses mit Besuchenden

© Alexander Rentsch / Kulturprojekte Berlin

Vor Ihnen liegen die Reste des Hauses Bernauer Str. 10a, das in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts errichtet wurde. In seinem Souterrain befanden sich ein Ladengeschäft und eine Wohnung. Archäologen legten 2010/11 seine Grundmauern frei.

Die Bewohner der Grenzhäuser hatten vor dem Mauerbau einen unmittelbaren und unkontrollierten Zugang nach West-Berlin. Sie mussten nur aus der Haustür treten. Denn der Bürgersteig vor ihren Häusern gehörte bereits zu West-Berlin. Nach dem Mauerbau aber war dieser Weg versperrt. Die Haustüren wurden vernagelt oder vermauert und die Hauseingänge auf die Rückseite der Gebäude verlegt. Die Mauer trennte Familien, Freunde und Nachbarn. 

In den Wochen nach dem Mauerbau stellte sich für die Bewohner der Grenzhäuser die zentrale Frage: Gehen oder bleiben? Die Grenznähe ihrer Wohnungen boten gute Fluchtmöglichkeiten. Viele entschlossen sich zur Flucht: Sie kletterten aus den Fenstern im Erdgeschoss, seilten sich aus den mittleren Stockwerken ab oder sprangen aus den Fenstern der oberen Stockwerke, manche sogar von den Dächern. Auch ortsfremde Flüchtlinge verschafften sich Zutritt zu den Grenzhäusern und flohen von dort in den Westen. Die West-Berliner Feuerwehr war aus diesem Grund in den ersten Wochen nach dem Mauerbau in der Bernauer Straße stets präsent und leistete mit Sprungtüchern Fluchthilfe. Dennoch stürzten vier Flüchtlinge in den Tod.

Auf die zahlreichen Fluchten reagierte das SED-Regime mit einer Räumung der Grenzhäuser. Bis Oktober 1961 ließ es die Bewohner der Grenzhäuser zwangsweise umsiedeln und die Fenster der leeren Wohnungen vermauern. Das hier freigelegte Grenzhaus Bernauer Str. 10a wurde am 24. September 1961 geräumt und danach vermauert. Wenn Sie vor den Ausstellungspulten stehen, können Sie die Vermauerung mit Hohlblocksteinen in den Fensternischen sehen.

Fünfstöckiges Haus der Bernauer Straße 10a mit zugemauerten Fenstern

© Landesarchiv Berlin

Mitte der 1960er Jahre begann der systematische Abriss der Grenzhäuser. Keller- und Souterrainräume wurden zugeschüttet und blieben – wie auch die Fundamente der Häuser – unter dem Grenzstreifen erhalten. Die Fassaden im Erdgeschoss ließ man zunächst stehen, sie dienten als zusätzliche Mauer. Die eigentliche Grenzmauer verlief hinter den Fassadenresten. Es waren daher diese Fassadenruinen, die das Bild der Bernauer Straße bis 1980 prägten. Dann schließlich wurden sie abgerissen und durch die neue Grenzmauer ersetzt.

Zum Schutz des archäologischen Befundes wurden die Grundmauern mit einer Verschleißschicht aus baugleichen Ziegelsteinen übermauert. Sie können die neuen Ziegelsteine deutlich erkennen. Das einstige Zentrum des Hauses wurde mit einem Schutzdach versehen. Dessen Wand vermittelt auf der Straßenseite einen Eindruck von der Struktur der Fassade.

An den Ausstellungspulten erfahren Sie mehr über die Grenzhäuser in der Bernauer Straße, ihre Bewohner und die Fluchten.